4.000 Euro im Monat, für dieses Salär wollte ein Redakteur der Tageszeitung „Die Welt“ die AfD in PR-Fragen beraten. Heimlich, hinter den Kulissen – und das neben seiner Aufgabe als Berichterstatter im Politikressort der Zeitung. Ein besonders krasser Fall von Rollenvermischung, den der damalige Welt-Chefredakteur Stefan Aust im Februar 2016 mit einer fristlosen Kündigung des Mitarbeiters beantwortete.

Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland ist 2016 nach einer bundesweiten Online-Befragung von Journalist*innen zu dem Ergebnis gekommen, dass fast zwei Drittel der Befragten in ihrem Berufsleben bereits Erfahrungen mit Korruption gemacht haben. Das besorgniserregende Fazit damals: „Korruption, Erpressungsversuche sowie die inhaltliche Einflussnahme auf die Berichterstattung gehören anscheinend zum journalistischen Alltag in Deutschland.“

Transparency Deutschland hat daraufhin Leitlinien für die Praxis zugunsten von mehr Transparenz im Journalismus veröffentlicht. Das Ziel: eine transparente, unabhängige und neutrale Berichterstattung solle gestärkt werden.

 

Nicht nur Verlage und Sender in der Pflicht

Eine der Forderungen der Antikorruptionsorganisation: Redaktionen müssten strikt von Anzeigenabteilungen getrennt sein. Nur so könne die Integrität und Unabhängigkeit von Journalist*innen deutlich gestärkt werden. Verlage und Sender sollten zudem klare Geschenke- und Compliance-Regelungen entwickeln, um Korruption im Journalismus zu bekämpfen.

Wichtig aber auch: Es seien nicht nur die Auftraggeber gefragt, ihre Strukturen so zu gestalten, dass ein Einfluss auf die Berichterstattung verhindert wird. Auch die Journalist*innen – egal ob fest oder frei tätig – sollten strukturelle Abhängigkeiten, finanzielle und geldwerte Unterstützungen sowie Nebentätigkeiten offenlegen.

"Ein Schmiergeld namens Nähe"

Journalist*innen, die immer wieder – und zu Recht – die Einführung von Lobby- und/oder Transparenzregistern in Politik und Behörden fordern, sollten also mit gutem Beispiel vorangehen. Das gilt besonders für Kolleg*innen im Regional-/Lokaljournalismus, bei dem die besondere Nähe zu den Protagonisten zum Problem werden kann – auch wenn in vielen Fällen gar keine „böse Absicht“ dahinter stecken muss. „Ein Schmiergeld namens Nähe“, so nannte es der Journalist Peter Zudeick, kann es natürlich grundsätzlich in allen Bereichen geben. Zudeick beschrieb so das Verhältnis zwischen Journalisten und Politikern Ende der 80er Jahre in Bonn.


„Es geht doch niemanden etwas an, wen ich privat mit Spenden unterstütze“, für Journalist*innen gilt das meines Erachtens nur eingeschränkt. Im eigenen Interesse sollten wir öffentlich machen, wen wir als Privatpersonen – vielleicht auch nur mit kleinen Beträgen – fördern, das schafft Vertrauen.

In meinem Transparenzhinweis (im Footer dieser Website) verlinke ich – wie andere Kolleg*innen auch – auf meine Selbstauskunft beim Journalistenportal torial. Auftraggeber*innen/Leser*innen/Zuschauer*innen/Hörer*innen haben so die Möglichkeit zu sehen, welchen Vereinen/Verbänden ich angehöre und welche gemeinnützigen Organisationen ich privat finanziell unterstützt habe.

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